Freitag, 29. Mai 2009

Fakt und Fiktion in Philip K. Dicks „The Stability“

Laut einer biblischen Erzählung des Alten Testaments sind die Städte Sodom und Gomorrah von Gott durch einen Regen aus Feuer und Schwefel vernichtet worden, da deren Bewohner durch „sündiges Verhalten“ auffielen. Vor allem aber durch die Sünde der Wollust, ihrer Abwendung von Gott und dem Missachten seiner Regeln.

Natürlich ist die Existenz dieser zwei Städte nicht lückenlos wissenschaftlich belegt, dennoch stützt sich P. K. Dick in seiner Kurzgeschichte „The Stability“ auf die bereits bestehende Erzählung wodurch dieser Mythos als Grundlage („Fakt“) für seine Geschichte dient.
Weiteres konstruiert der Autor ein zukünftiges Gesellschaftssystem, welches durch Überwachung und Einschränkung, Utopie und Dystopie gleichermaßen - je nach Blickwinkel - gekennzeichnet ist. Für die Freiheit und Entwicklung des menschlichen Subjekts wahrscheinlich der „worst case“, sprich die Dystopie, gegenüberstellend lässt sich das Utopische im Sinne einer stabilen und perfekten Gesellschaft die jegliche Schwankungen des Systems ausschließen will, erkennen. Zusätzlich werden „fiktive“ Ereignisse – wie die Fortbewegung mit Flügeln bzw. Roboter-Taxi, Zeitreise, etc.. - in den Handlungsstrang mit eingebaut, wodurch Fakt und Fiktion zu Faction verschmelzen.

Am Ende der Kurzgeschichte wird der Protagonist (Robert Benton) als Konsequenz unverantwortungsvollen Umgangs mit einer selbst erfundenen Zeitmaschine, durch den Nebel aus dem „Globe“ in eine ausweglose „Endzeit-Sklavenwelt“ befördert (vergleichbar mit der Hölle).
Eine weitere Thesen beschäftigt sich mit der Frage, warum die Menschen ausgerechnet Flügel als Fortbewegungsmittel verwenden. Auch in der Geschichte von Sodom und Gomorrah spielten Engel keine unwesentliche Rolle. (Sie dienten als Botschafter von Gott und wurden in der Stadt von den sündigen Einwohnern zum Verkehr „gezwungen“).
Die Assoziation der faustgroßen Glaskugel, welche offensichtlich dem verbotenen Apfel
(Adam & Eva) ähneln soll, lässt sich zu einer weiteren These zusammenfassen. Auch hier bedient sich der Protagonist trotz mehrfachen Ermahnungen „von oberhalb“ der unerlaubten Versuchung.

Montag, 25. Mai 2009

Allgemeine Thesen und Definitionen zu dem Thema „Faction“ bzw. „Fakt und Fiktion“ // Teil 2

Die in der Definition von Steinmüller genannte Abweichung der Welt des Werkes von der Realität des Lesers wird als „Novum“ bezeichnet und kann „von einer einzelnen futuristischen Erfindung bis hin zu fremden Planeten mit außerirdischem Leben und komplexer Sozialstruktur reichen. Die Grundlage ist aber an der Wirklichkeit der Welt des Autors orientiert. Diese Wirklichkeit wird als „Nullwelt“ bezeichnet und meint exakter „die empirisch erfahrbare Welt des Autors zur Zeit der Entstehung der SF-Geschichte“ „Alles was von dieser Nullwelt abweicht, ist ein Novum, ein „Kriterium der Andersartigkeit“ und damit das was Science Fiction zu Science Fiction macht.

„Der Aspekt, dass ein Novum vorhanden ist, das über die gegenwärtige Realität hinausgeht, trennt die Phantastik von den realistischen Unterhaltungsgenres. Der Aspekt, dass die Nullwelt als Basis dient und jedes Novum plausibel aus dieser hervorgeht trennt Science Fiction von anderen phantastischen Genres.“2

Quelle/ Zitat:2 Emsenhuber, Nicole, „Fakt und Fiktion. Popularisierungsstrategien in der Wissenschaftspublizistik“, Dipl., Universität Wien, Fakultät f. Sozialwissenschaften 2006

Mittwoch, 20. Mai 2009

Allgemeine Thesen und Definitionen zu dem Thema „Faction“ bzw. „Fakt und Fiktion“ // Teil 1

„Science Fiction ist ein Unterhaltungs-Genre, das hauptsächlich belletrischtisch und filmisch Zukunft, Wissenschaft, Fortschritt und Technik, aber auch generell Veränderungen und gesellschaftlichen Wandel thematisiert.“1

Fiktion ist jener geistige Bereich, auf dem wir uns mit Annahmen bewegen. Wir nehmen an, dass eine Tatsache, die nicht oder noch nicht real ist, es wäre und bewegen uns geistig in dieser Welt, sehen sie uns an, fühlen uns in sie hinein und erforschen sie somit.
Unter Science Fiction versteht man den geistigen Bereich der Annahme der sich auf die Wissenschaftlichkeit, also Nachvollziehbarkeit stützt. Unter einem Faktum versteht man einen allgemein erwiesenen Sachverhalt. Das lateinische factum verweist auf den Charakter des Gemachten oder Geschehenem in dem Ausdruck.
„Lässt sich somit nicht jedes literarische Textsubstrat der Gattung Science Fiction in den Bereich der „Faction-Literatur“ einordnen, da der Begriff Science Fiction bereits die Wissenschaft/den Fakt beinhaltet?

Bei der Science Fiction haben wir es nun mit Annahmen zu tun, die sich auf Wissenschaft beziehen. Der Autor geht also davon aus, dass irgendetwas, das dem heutigen Stand der Wissenschaft nach noch nicht möglich wäre, bereits nutzbar gemacht wurde. Auf der Basis dieser Annahme oder dieses Annahmen Geflechts erzählt er dann eine Geschichte, die zumeist von den Folgeerscheinungen dieser Erfindungen handelt; anhand derer zeigt der Autor gerne Vor- und Nachteile einer solchen Entwicklung auf und lässt sein Werk dadurch als Warnung oder Vorbild für die Gesellschaft sprechen.


Quelle/Zitat: 1 Schröder, Torben/ Achim, Bühl (Hrsg.), Science Fiction als Social Fiction. Das gesellschaftliche Potential eines Unterhaltungsgenres. Münster: LIT 1998 (Studien zur Science Fiction, Band 1)
http://books.google.at/books?id=PC6cjGIlOmYC&printsec=frontcover