Mittwoch, 10. Juni 2009

Fakt frisst Fiktion

Wahrscheinlich kein Wort auf diesem Planeten lässt mehr Rätsel und Fragen aber ebenso Glück und Antworten zu wie das Wort Liebe. Was ist Liebe? Zwei frisch Verliebte, zwei Liebende verstehen die Schwingungen die untereinander entstehen klar als Fakt, sie sind für sie spürbar, meist sogar definierbar und sie führen unweigerlich zu Körpersignalen wie übermässige Schweissproduktion oder das sagenumwobene Kribbeln im Bauch. Vor dem geistigen Auge eines Liebenden ist alles klar, weggeblasen die Fiktion oder Wunsch danach, die Realität, die Gegenwart lehrt sie dass es da ist. Befinden sich zwei Liebende in einer Krise und betrachten sie ihr gemeinsames Werk, ihr Leben auf eben diesem Fundament der Liebe, sehen sie Fakten, je grösser der Abstand voneinander, sei es räumlich oder zeitlich, umso mehr bilden diese Fakten den Nährboden für ihre Überlegungen. Fiktionen werden in weite Ferne katapultiert, Entscheidungen werden mit dem Verstand getroffen, würde man auf sein Herz hören kommen einem diese Gedanken kopflos, aus der Luft gegriffen und vollkommen irrational vor. Kehrt man die Situation jedoch am darauffolgenden Tag um, sprich, man führt die Liebenden wieder zueinander, so dreht sich höchstwahrscheinlich auch die Auffassung um dass der Kopf rational und das Herz irrational entscheidet. Rationale Entscheidungen im Angesicht des Liebespartners können einem wie eine übereilte Entscheidung vorkommen. Was am Vortag noch Logisch aus dem Keller des Verstandes aufgrund von Fakten entschieden wurde, kann am nächsten Tag im Dachgeschoss des Herzens aufgrund der Fiktion der Liebe total umgekehrt bewertet werden. Liebe als Faction, zwei Menschen als Fakt, Gefühle als Fiktion die durch stetigen Austausch zum Gebäude der Faction gemauert werden.
Ein enttäuschter Liebender wird seine Vergangenheit die unter dem Schutzmantel der Liebe geflossen ist wahrscheinlich verteufeln. Er wird sagen „Liebe gibt es nicht“. Er sieht sich als Narr der blindlinks einem Gefühl folgte und sich im nachhinein für seine irrationalen Entscheidungen die sich auf keinerlei Fakten beruhten verteufeln. Er sieht die Liebe als Hirngespinst, als nicht existent, nicht greifbar, wenn fühlbar in diesem Moment auch schon wieder zerronnen.

Ein Mensch der niemals liebte, für den ist das Wort Liebe ein unbeschriebenes Blatt. Er kennt es aus Erzählungen, er sieht komisch handelnde Paare und verspührt vielleicht sogar manchmal in sich selbst diesen Wunsch nach etwas das er nicht kennt und auch nicht genauer definieren kann. Es ist für ihn also Fakt dass es sowas wie die Liebe geben muss, er hört davon, er sieht Zärtlichkeiten austauschende Menschen und doch kann er sie nicht sehen, sie ist nicht greifbar, nur zum Teil nachweisbar aufgrund von Hirnstromuntersuchungen in MRT´s, doch auch für die Wissenschaft bleibt es nachwievor ein Rätsel, ebenso wie der Urknall noch unzählige Fragen offen lässt.

Lässt sich somit nicht jeder Liebesroman der Gattung der Faction-Literatru zuordnen? Wenn also Liebe ein Fakt ist, weil er seit Jahrtausenden propagiert wird, sich fast jeder Mensch mindestens einmal in seinem Leben verliebt, wobei das jeder sagen kann, für jeden anders ist und bei jedem verschieden lange anhält, so könnte doch Liebe als Fakt verstanden werden. Wissenschaftlich gesehen ist Liebe Auslöser für die Produktion von körpereigenen Pheromonen. In der Weltgeschichte waren Gefühlsanbahnungen in Richtung der Liebe schon oft Auslöser für Krieg und Gewalt. Fakten um Fakten und trotzdem hat noch niemand die Liebe gesehen, weder mit menschlichem Auge noch unter dem Mikroskop. Eine Fiktion so gut versteckt und zugehäuft mit Herzscheisse jedermanns dass dadurch für viele ein Fakt entstanden ist.

1 Kommentar:

  1. Interessanter Gedanke auf jeden Fall.
    Ob Liebe Fakt oder Fiktion ist, ist in der Tat ziemlich stark auf das einzelne Individuum zu beziehen und sicherlich auf unterschiedliche Lebenssituationen.
    Der Liebesroman beruht mit Sicherheit oft auf die persönlichen Erfahrungen des Autors, die als Fakt hinzustellen sind. Sie schweben im Kontext mit, werden direkt genannt oder beeinflussen sogar nur unterbwusst den Autor. Auf der anderen Seite gibt es Liebesromane, die schlicht und ergreifend nur auf der Wunschvorstellung eines Autors beruhen und somit pure Fiktion sind.
    Könnte man nicht vielleicht sagen, dass Liebe Faction ist? Denn wenn die Liebe eine Fiktion ist, etwas nicht greifbares, aber gleichzeitig doch als Fakt so spürbar ist, so ist sie schließlich eine Mischung aus Vorstellung und Wirklichkeit?

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